Arbeitsrecht
LAG München, Urteil vom 19.01.2017 - Aktenzeichen: 3 Sa 492/16 06.04.2017

Die Rückzahlungsklausel in einem formularmäßigen Arbeitsvertrag, nach der eine Weihnachtsgratifikation zurückgefordert werden kann, soweit es zu einem "Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des Folgejahres" kommt, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn sie auch in Fällen greift, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fällt.
Darüber hinaus ist eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dann anzunehmen, wenn die Weihnachtsgratifikation auch Entgeltcharakter hat. Dies ist durch Auslegung er ermitteln. Wegen des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts ("freiwillige Weihnachtsgratifikation") kommt es vor allem auf den Sinn und Zweck der Sonderzahlung an, der sich aus der Gesamtregelung ergibt.

 

LAG München, Urteil vom 19.01.2017 - Aktenzeichen: 3 Sa 492/16

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 22. März 2017 - 10 AZR 448/15 06.04.2017

Pressemitteilung Nr. 16/17

Wettbewerbsverbot - fehlende Karenzentschädigung - salvatorische Klausel

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist nichtig, wenn die Vereinbarung entgegen § 110 GewO iVm. § 74 Abs. 2 HGB* keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Karenzentschädigung beinhaltet. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können aus einer solchen Vereinbarung Rechte herleiten. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene salvatorische Klausel führt nicht - auch nicht einseitig zugunsten des Arbeitnehmers - zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots.

Bundesarbeitsgericht Urteil vom 22. März 2017 - 10 AZR 448/15

 

BAG, Urteil vom 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/1609.03.2017

Leitsatz

     1. Das Umkleiden ist Teil der vom Arbeitnehmer geschuldeten und ihm zu vergütenden Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt, die im Betrieb an- und abgelegt werden muss.(Rn.12)

     2. Steht fest (§ 286 ZPO), dass Umkleide- und Wegezeiten auf Veranlassung des Arbeitgebers entstanden sind, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für den zeitlichen Umfang, in dem diese erforderlich waren, nicht in jeder Hinsicht genügen, darf das Gericht die erforderlichen Umkleide- und damit verbundenen Wegezeiten nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO schätzen.

BAG, Urteil vom 26. Oktober 2016 – 5 AZR 168/16

BAG, 26.10.2016 - 5 AZR 456/1509.03.2017

Amtlicher Leitsatz:

Fällt ein gesetzlicher Feiertag in einen Urlaubszeitraum, besteht für den Feiertag Anspruch auf Entgeltzahlung nach § 2 Abs. 1 EFZG.

In Sachen

Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin,

pp.

Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2016 durch den Vizepräsidenten des Bundesarbeitsgerichts Dr. Müller-Glöge, die Richterinnen am Bundesarbeitsgericht Weber und Dr. Volk sowie die ehrenamtlichen Richter Zoller und Pollert für Recht erkannt:

BAG, 26.10.2016 - 5 AZR 456/15

LAG Berlin-Brandenburg, Aktenzeichen: 14 Sa 1038/1609.03.2017

Pressemitteilung Nr. 5/2017 des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.02.2017...

zur Klägerin, die sich mit muslimischen Kopftuch um eine Stelle als Grundschullehrerin beim Land Berlin beworben hat und deren Bewerbung nach ihrer Erklärung, sie wolle ihr muslimisches Kopftuch auch im Unterricht tragen, abgelehnt wurde.

LAG Berlin-Brandenburg, Aktenzeichen: 14 Sa 1038/16

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22. November 2016 – 5 Sa 298/1524.02.2017

Leitsatz

     1. Eine tarifvertragliche Anwesenheitsprämie, die zusätzlich zum Stundenlohn gezahlt und bei krankheitsbedingten Fehlzeiten gekürzt wird, ist regelmäßig geeignet, den gesetzlichen Mindestlohnanspruch zu erfüllen.

     2. Die Funktion des Mindestlohns gebietet es nicht, die Anwesenheitsprämie zusätzlich zu diesem zahlen. Die Anwesenheit bzw. das Tätigwerden am Arbeitsplatz ist mit dem Mindestlohn abgegolten.

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 22. November 2016 – 5 Sa 298/15

BAG, Urteil vom 22. September 2016 – 2 AZR 700/15 24.02.2017

Leitsatz

Das Recht des Arbeitnehmers, sich das erste Mal nach Zugang der Kündigung auf eine Schwerbehinderung zu berufen und den Sonderkündigungsschutz gem. §§ 85 ff. SGB 9 geltend zu machen, unterliegt der Verwirkung.

Als Maßstab für die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung ist von der Drei-Wochen-Frist des § 4 S 1 KSchG auszugehen. Hinzuzurechnen ist die Zeitspanne, innerhalb derer er den Zugang der Mitteilung über den bestehenden Sonderkündigungsschutz beim Arbeitgeber zu bewirken hat. Ein Berufen auf den Sonderkündigungsschutz innerhalb dieses Zeitraums ist regelmäßig nicht als illoyal verspätet anzusehen. Hierbei darf es dem Arbeitnehmer auch nicht zum Nachteil sein, wenn er - etwa zu Beweiszwecken - eine schriftliche Information wählt.

BAG, Urteil vom 22. September 2016 – 2 AZR 700/15 

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22. November 2016 – 12 Sa 524/16 24.02.2017

Leitsatz

 

    1. Die Neuregelung des § 288 Abs. 5 BGB findet auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche Anwendung.(Rn.58)

 

    2. Eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht ist nicht aufgrund der Wertung des § 12a ArbGG geboten. Es fehlt an einer für eine Analogie zu § 12a ArbGG erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.(Rn.74)

 

    3. Die systematische Einordnung des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB im Zusammenhang mit den - unzweifelhaft auch auf Arbeitsentgeltansprüche anwendbaren - gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins sowie dem weitergehenden Verzugsschaden gebietet eine Anwendung auch auf Arbeitsentgeltansprüche.(Rn.83)

 

    4. Gleiches gilt für den Zweck der Vorschrift des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB, den Druck auf potentiell säumige Schuldner zu erhöhen, ihren Zahlungsverpflichtungen pünktlich und vollständig nachzukommen. Diese Zweckrichtung besteht gerade auch bei Arbeitsentgeltansprüchen.(Rn.95)

 

    5. Die Ausnahmevorschrift des § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB betrifft nur den - bei Arbeitsentgeltforderungen nicht bestehenden - außergerichtlichen Kostenerstattungsanspruch für Rechtsverfolgungskosten, nicht aber einen - nach dem Arbeitsgerichtsgesetz im zweitinstanzlichen Berufungsverfahren bestehenden - prozessualen Kostenerstattungsanspruch.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22. November 2016 – 12 Sa 524/16 

BAG, Urteil vom 02. November 2016 – 10 AZR 596/1524.02.2017

Leitsatz

Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur dann anweisen, zu einem Personalgespräch in den Betrieb zu kommen, wenn hierfür ein dringender betrieblicher Anlass besteht, der einen Aufschub der Weisung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit nicht gestattet, und die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann.

BAG, Urteil vom 02. November 2016 – 10 AZR 596/15